
Lutz Henke zum Stellenwert von Streetart: „es ist schon absurd, so zu tun, als ob es niemals einen Beitrag zur Gentrifizierung gegeben hätte“
Fotos: Lutz Henke
Zunächst ist das ja immer eine Definitionsfrage, die so alt ist wie der Begriff selbst: Was bedeutet überhaupt Streetart? Um die Bandbreite zu verdeutlichen, bemüht man dann gerne den Jongleur an der Straßenkreuzung, der genauso Streetart sei wie ein inoffiziell angebrachter Aufkleber. Gleichzeitig wird meist auch das Graffiti-Writing mit einbezogen. Persönlich würde ich immer sagen, dass Streetart zwar meist „selbst-beauftragt”, aber vor allem gefallsüchtiger und zugänglicher ist als subversive Formen, die entweder aktivistisch oder exklusiv subkulturell verstanden werden, insbesondere von einer subkulturellen Leserschaft.
Die Streetart richtet sich damit an ein breiteres Publikum. Wenn man das jetzt so definiert und so versteht, dann ist es schon absurd, so zu tun, als ob es da niemals einen Beitrag zur Gentrifizierung gegeben hätte oder die Künstler*innen gar “vereinnahmt” würden. Auch beim Kampfbegriff der Gentrifizierung stellt sich wieder die Frage: Wie definiert und bewertet man das? Ist sie ein perfides Werkzeug der Kapitalisierungs- und Verdrängungsstrategien, die von oben herab betrieben werden, beispielsweise von Immobilienentwicklern und Regierungen?
Oder betrachtet man Faktoren, gesteuert und selbst-ermächtigt, die zu einer Veränderung der Attraktivität urbaner Räume beitragen? Da wäre es ein absurder Gedanke zu sagen „ich agiere im öffentlichen Raum, gestalte ihn attraktiv mit, aber es soll bitte keinen positiven Effekt haben”. Entscheidend ist dann eher ein Bewusstsein für Prozesse, das eigene Handeln und wie ich das möglicherweise für eine positive Entwicklung einsetzen und vor Missbrauch durch Dritte schützen kann. Das ist auch das, was dann vielleicht spannend wird in unserer Diskussion.

@ba_eisermann
Lutz Henke, Kulturwissenschaftler und Kurator aus Berlin.
https://artelocal.eu/artist/blu/
Art & Place Conference, Friday, 3 th of May, 3pm | Panel
✦ Street art and gentrification
Chair: KP Flügel (DE)
➔ Lutz Henke (DE): The case of the self-censored Blu mural in Kreuzberg
➔ Anna Mirjam Liley (DE): Gentrification in Hamburg Sternschanze
KP Flügel