States of Rebirth – Körperbilder in Bewegung

Phoxxi, das temporäre Haus der Photographie

Intention der Ausstellung „States of Rebirth“ im Phoxxi, dem temporären Haus der Photographie, Deichtorhallen Hamburg, sei es, die Beziehungen zwischen Körper, Bewegung und gesellschaftlichen Strukturen in physischen und digitalen Räumen zu beleuchten. Die Ausstellung setze einen Fokus auf dokumentarische und konzeptuelle Projekte der zeitgenössischen Performance-, Porträt- und Tanzfotografie. Anhand einer Choreografie, die Aufnahmen bewegter Körper im Raum zueinander in Beziehung setzt, untersucht die Ausstellung, „inwiefern Haltungen, Gesten und Posen die Aushandlungsprozesse gesellschaftlicher Veränderungen reflektieren, gestalten und transformieren“.

Die Ausstellung bringt dabei Arbeiten der Künstler*innen KhingWei Bai, Felipe Romero Beltrán, Moshtari Hilal, Naomi Lulendo, Ana Maria Sales Prado, Roxana Rios, Aykan Safoğlu, Isaac Chong Wai und Farren van Wyk miteinander in Dialog, die „glokale Körper“ fotografisch inszenieren. Als „glokal“ bezeichnet die iranische Tanzwissenschaftlerin Elaheh Hatami Körper, die zugleich lokal präsent sind und Verbindungen zu mehr als einem Ort in sich tragen.

Nachfragen bei Nadine Isabelle Henrich zur Intention der Ausstellung „State of Rebirth“

Nadine Isabelle Henrich, im Ankündigungstext zu der von Ihnen kuratierten Ausstellung „States of Rebirth“ lese ich, dass, Zitat: „Anhand einer Choreografie, die Aufnahmen bewegter Körper im Raum zueinander in Beziehung setzt, untersucht die Ausstellung, inwiefern Haltungen, Gesten und Posen die Aushandlungsprozesse gesellschaftlicher Veränderungen reflektieren, gestalten und transformieren.“ Haben Sie zwei, drei Beispiele, die genau das exemplarisch darstellen?

In der Serie Mixedness Is My Mythology der südafrikanisch-niederländischen Fotografin Farren van Wyk entstehen in Zusammenarbeit mit ihrer Familie inszenierte Portraits, die sich auf historische Familienportraits beziehen. Die Serie untersucht, inwiefern die Anordnung und Haltung der Personen innerhalb des Bildes die Machtstrukturen und Hierarchien sowohl innerhalb der Familie, als auch innerhalb der Gesellschaft widerspiegeln und wie diese gedeutet werden.

Seit dem Jahr 2015, in welchem der in HongKong und Berlin arbeitende Künstler Isaac Chong Wai in Berlin rassistisch beleidigt, und mit einer Glasflasche angegriffen wurde, beschäftigt er sich mit dem Prozess des Fallens. In seiner Serie Falling Reversely deutet er die negative Bedeutung des Wortes um – in der Gemeinschaft wird das Fallen zum Zeichen des Widerstands, der Solidarität und Selbstermächtigung.

Die in Hamburg prämierte Videoarbeit Instructions, des in Bogotá und Paris arbeitenden Fotografen Felipe Romero Beltrán erzählt die Geschichte einer Begegnung zwischen jungen Männern mit Fluchterfahrung und einer Choreographin und Tänzerin. Die zentrale Frage dabei ist, wie sich das Erlebte in Bewegung als nonverbale Sprache übersetzen lässt. Die Videoinstallation dokumentiert die gemeinsame Suche nach einer Form, die abseits von Stereotypen und Vorurteilen individuelle Erinnerungen, Spannungen, Ungeduld, sowie Gewalt, Verletzlichkeit und Hoffnung zum Ausdruck bringt. 

States of  Rebirth möchte, heißt es weiter, „eine Wende im Verständnis von Blicken aus Körpern auf Körper nachzeichnen, die normative ästhetische Kategorien als Instrumente gesellschaftlicher Zugehörigkeit dekonstruieren“. Auch hier würde mich interessieren, wie sich diese Wende konkret ausdrückt?

Die mehrteilige Installation Plastik und Perfektion der Künstlerin und Autorin Moshtari Hilal steht in enger Verbindung mit ihrem Buchprojekt Hässlichkeit. Hilal legt darin nicht nur eine kritische Einordnung eines allgemeinen Verständnisses von Hässlichkeit dar, sondern deutet stigmatisierte Körperformen neu, indem sie ihre Kraft erkennbar werden lässt und ihnen eine eigene Handlungsfähigkeit zuspricht. „In meinen Selbstporträts geht es mir darum, meine Nase und meine Haare positiv aufzuwerten, ihnen eine ästhetische Sprache zu geben.“ Hässlichkeit und Schönheit sind keine festen Kategorien, sondern dynamisch und wandelbar. Warum hat die Gesellschaft so große Angst vor Hässlichkeit? Wer konstruiert und nutzt sie? Hässlichkeit geschieht nicht, sie wird strategisch produziert. Wie es Moshtari Hilal in ihrem 2023 erschienenen Buch Hässlichkeit formuliert: „Der Blick dreht sich: Hässlich ist nicht, wer angesehen wird, sondern wer mit der Intention der Entmenschlichung ansieht.“

Die Fragen stellte KP Flügel